Von Reinigung, liebe Leserinnen und Leser, hören und lesen wir in diesen Tagen viel zu viel. Meine Seife zuhause schaut mich schon ganz vorwurfsvoll an. Sie findet ihre durch mich verursachte Gewichtsabnahme wahrscheinlich sträflich gegenüber dem geruhsamen Dasein ihrer Vorgängerinnen...
In Jesu Worten geht es freilich nicht um eine Reinigung, die der Gesundheitsfürsorge (griechisch: „Hygiene“) dient, sondern um eine Steigerung des Ertrages. So wie ein gepflegter Garten mehr und besseres Gemüse hervorbringt, so sorgt ein gekonnt gemachter Rebschnitt in der Wachstumsphase dafür, dass die Kraft des Weinstocks in die Ausbildung der Weintrauben geht und nicht in überflüssigen Holzwuchs. Und wie lecker ist ein guter Traubensaft oder ein edler Wein!
Jesus überträgt das Bild vom vernünftigen Weinanbau auf seine Jünger. So selbstverständlich, wie sich die Pflege der Reben vollzieht, so soll es sich auch mit den Jüngerinnen und Jüngern von Jesus verhalten: Sie sind dazu da Frucht zu bringen durch die Allianz mit dem wahren Weinstock: mit Jesus Christus selbst. Etwaige Befürchtungen, ob die Jünger überhaupt etwas taugen und nicht von vornherein unzumutbar schmutzig sind, zerstreut Jesus: Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.
Die Worte Jesu haben reinigende Kraft. Das ist eine Ansage, die gut tut. Denn es bedeutet, dass Jesu Worte der Hygiene von Geist und Seele aufhelfen. Sie stärken, ermutigen und vermitteln Hoffnung, auch da, wo sie uns in die Quere kommen oder zurechtstutzen. Sonst blieben die Christen in unfruchtbarem Frust stecken und kämen nicht dazu, Jesu Liebe ihrerseits zu leben. Doch darum geht es.
Die Rebe verwirklicht sich in der Frucht, wie die Christen durch die Verbindung mit Jesus Christus Leben in Wahrheit verwirklichen, was zu Früchten führt. Die Glaubenden bringen Frucht, wenn sie der Welt die Liebe des himmlischen Vaters zeigen. Sie verschenken sich an die Welt wie der Wein, der an Hochzeitsgäste ausgeteilt wird! – Die Geschichte von Jesus, wie er bei einer Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelt hat, kommt uns in den Sinn. Wein hat etwas Überschwängliches an sich in der Bildersprache der Bibel. Gute Früchte der Jüngerinnen und Jünger Jesu, die Taten der Liebe, zeichnen sich auch durch ein überschießendes Moment aus, denke ich.
Die Voraussetzung ist aber, und hier wird die Rede Jesu sehr ernst, dass die Reben am Weinstock bleiben. Bleibt in mir und ich in euch, ruft Jesus den Seinen zu. – Ich denke an unsere Konfirmanden. An diesem Wochenende hätten sie konfirmiert werden sollen. Haben wir Unterrichtende sie in guter Weise dem reinigenden Wort Jesu Christi ausgesetzt? Werden sie mit dem Bekenntnis des christlichen Glaubens das Eingewurzeltsein in Jesus Christus, dem Weinstock verbinden?
Der in Hannover – gegenüber dem Historischen Museum – geborene Liederdichter Philipp Spitta dichtete (EG 406,1):
„Bei dir, Jesu will ich bleiben, stets in deinen Diensten stehn,
nicht soll mich von dir vertreiben, will auf deinen Wegen gehn.
Du bist meines Lebens Leben, meiner Seele Trieb und Kraft,
wie der Weinstock seinen Reben zuströmt Kraft und Lebenssaft.“
AMEN
Ihr P. Dr. B. Burandt