Liebe Leserinnen und Leser,
„fühlen Sie, fühlt Ihr Euch wie ein irrendes Schaf?“. Unter normalen Umständen, vermute ich, weist jeder eine solche Frage weit von sich: Keiner will ein umherirrendes Schaf sein! Die schlaue Füchsin oder der gerissene Wolf stehen da ganz anders bei uns hoch im Kurs. Aber fühlen wir uns so in den Zeiten der Corona-Krise? Richtig gut geht es im Moment den wenigsten. Angst, Unsicherheit und Ratlosigkeit herrscht überall. Mir scheint, es ist schon viel gewonnen, wenn wir in Anbetracht der verschiedenen Expertenmeinungen, Politiker-Empfehlungen und staatlichen Verordnungen, die oftmals dem gesunden Menschenverstand nicht einleuchten wollen, uns zwar als umherirrend aber wenigstens nicht als kopflos betrachten könnten. Wenn wir ohne Sinn und Verstand – also kopflos – handeln würden, dann wären wir tatsächlich verloren wie ein Strohhalm im Wind...
Von daher kommt der Zwischenruf aus dem ersten Petrusbrief gerade recht. Der Briefschreiber fragt uns gewissermaßen: „Habt Ihr das richtige Vorbild?“ Er spricht uns auf unser Christsein an, und von daher ist klar, an wem wir uns orientieren sollen: Er hat euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen, sagt unser Briefschreiber: Jesus Christus hat keine betrügerischen Reden in seinem Munde geführt. Er hat keine verbale Gewalt ausgeübt, als er angefeindet und geschmäht wurde. Er hat keine Drohungen und Flüche ausgestoßen, als andere ihm Gewalt zufügten. Ganz bewusst hat er dies nicht getan.
Wenn wir ihn als Vorbild nehmen, müssen wir uns nicht mit der Frage quälen, dass wir ihn als Vorbild nie erreichen werden. Denn die Basis, um Jesus als Vorbild zu nehmen, die haben nicht wir gelegt sondern er! Zu Recht meinte Martin Luther: „Das Hauptstück und der Grund des Evangeliums ist, dass du Christus, ehe du ihn zum Vorbild nimmst, zuvor entgegennehmest und erkennest als eine Gabe und ein Geschenk, das dir von Gott gegeben und dein eigen sei… Sieh, wenn du auf solche Weise Christus annimmst als Gabe, dir zu eigen gegeben, und nicht daran zweifelst, so bist du ein Christ. Dieser Glaube erlöst dich von Sünden, Tod und Hölle, macht, dass du alle Dinge überwindest.“
Jesus Christus als Basis für unser Leben und unser Vorbild. Neulich meinte eine Frau, mit der ich telefonierte, dass die Zeit der Corona-Krise durchaus Leute zur Besinnung brächte: Sie sei kürzlich auf unglaublich freundliche und zuvorkommende Menschen gestoßen! Und ich kann aus eigener Anschauung bestätigen, wie sehr Menschen sich für andere einsetzen und dabei viel Zeit opfern: Am 6. April gab es den Blutspende-Termin bei uns in der Kirchengemeinde. Die Schlange ging fast um den ganzen Gebäudekomplex herum. 100 Menschen haben sich über eine Stunde die Beine in den Bauch gestanden, um mit ihrem Blut anderen zu Hilfe zu kommen! Vorbildlich, finde ich.
Mit der richtigen Basis und dem richtigen Vorbild kommen wir mit Gottes Hilfe durch diese Zeit hindurch, selbst wenn wir wie Schafe herumirren...
Nachfolge bedeutet
keine Abfolge von Erfolgen.
Nachfolge bedeutet
trotz eigener Misserfolge
einem Erfolglosen Folge zu leisten.
Nachfolge bedeutet
infolge des Kreuzes von der Sünde befreit
ein Verfolger der Liebe zu sein.
Nachfolge bedeutet
gegen die Gefolgschaft der Sünde
Erfolgsaussichten geschenkt zu bekommen –
bis in die Ewigkeit.
AMEN
Ihr P. Dr. C. Bogislav Burandt